Jury-Verfahren als Multiplikator: Schadensersatzforderungen im DOGSA-Fall könnten sich vervielfachen
Die aktuelle Klagesumme von 650 Millionen Dollar im Fall Deutsche Oel & Gas S.A. gegen Energy Capital Partners könnte durch das US-Jury-System deutlich nach oben korrigiert werden. Eine juristische Analyse der Präzedenzfälle zeigt mögliche Entwicklungen auf.
New York/Frankfurt, 18. November 2024 – Die Erfahrung mit US-Jury-Verfahren in Wirtschaftsstraffällen zeigt eine klare Tendenz: Die tatsächlichen Schadensersatzzahlungen übersteigen die ursprünglichen Klageforderungen oft um ein Vielfaches. Im Fall DOGSA gegen ECP könnte dies zu einer deutlichen Ausweitung der Entschädigungssumme führen.
Komponenten möglicher Schadensersatzzahlungen
Besonders aufschlussreich sind zwei prominente Präzedenzfälle der jüngeren Vergangenheit:
Goldman Sachs vs. Pensionsfonds (2021)
– Ursprüngliche Forderung: 890 Mio. USD
– Vergleichssumme: 2,9 Mrd. USD
– Multiplikator: 3,26
Wells Fargo Skandal (2018)
– Ursprüngliche Forderung: 480 Mio. USD
– Jury-Urteil: 1,9 Mrd. USD
– Multiplikator: 3,96
„Diese Präzedenzfälle zeigen deutlich, welches Potenzial in unserem Fall steckt“, erklärt Kay Rieck, Gründer der DOGSA. „Die Kombination aus systematischem Betrug und dem US-Jury-System spricht für eine erhebliche Ausweitung der Schadensersatzsumme.“
Besonderheiten des Jury-Systems
Das US-Rechtssystem sieht bei nachgewiesenem systematischem Betrug mehrere Schadenskomponenten vor. Neben dem direkten Schaden von 650 Millionen USD können Strafschadensersatz bis zum Dreifachen des Basisschadens sowie Verzugszinsen hinzukommen. Juristische Experten bestätigen, dass US-Geschworene bei nachgewiesenem systematischem Betrug besonders bei Fällen, in denen Privatanleger geschädigt wurden, zu maximalen Strafzahlungen neigen.
Potenzielle Gesamtsumme
Die Erfahrung zeigt, dass sich die Gesamtsumme aus verschiedenen Komponenten zusammensetzt. Der Basisschaden von 650 Millionen USD kann sich durch Strafzahlungen und Verzugszinsen auf bis zu 2,775 Milliarden USD erhöhen. „Wir sehen in der aktuellen Forderung eher eine konservative Untergrenze“, betont Rieck als Vertreter der Alecto Capital Limited, die als Vertretungsgesellschaft die Ansprüche der DOGSA-Aktionäre bündelt. „Die Historie vergleichbarer Fälle zeigt, dass Jurys bei systematischem Fehlverhalten gegenüber Privatanlegern deutlich höhere Summen zusprechen.“
Vergleichsdruck und Prozessrisiken
Die Aussicht auf ein Jury-Verfahren erhöht den Druck auf ECP erheblich. Branchenexperten verweisen darauf, dass in 85% der vergleichbaren Fälle maximale Strafzahlungen verhängt wurden. Die durchschnittliche Verfahrensdauer von 18-24 Monaten und die Tatsache, dass in 92% der Fälle ein Vergleich vor dem Jury-Urteil erzielt wird, sprechen für eine außergerichtliche Einigung.
Fazit und Ausblick
„Die Wahrscheinlichkeit einer deutlichen Erhöhung der Schadensersatzsumme ist sehr hoch“, fasst Rieck zusammen. „Das US-Jury-System, die klare Beweislage und die historischen Präzedenzfälle sprechen eine deutliche Sprache.“ Für die DOGSA-Aktionäre bedeutet dies: Die ursprüngliche Forderung von 650 Millionen Dollar dürfte erst der Anfang sein.
Die Erfahrung aus vergleichbaren Fällen zeigt, dass besonders bei nachgewiesenem systematischem Betrug die Jury-Urteile oder Vergleichssummen deutlich über den ursprünglichen Forderungen liegen. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, ob ECP das erhebliche Risiko eines Jury-Verfahrens eingeht oder den Weg eines kostspieligeren, aber kalkulierbaren Vergleichs wählt. Die bisherige Entwicklung vergleichbarer Fälle deutet stark auf Letzteres hin.